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Real Estate und Photovoltaik: Wie sich eine PV-Anlage auf das ESG-Rating auswirkt
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Kristina Boschenriedter
Content Manager
Veröffentlicht
ESG ist in der Immobilienbranche längst ein zentrales Thema und ein entscheidender Faktor bei Investitionsentscheidungen. Eigentümer haben zahlreiche Möglichkeiten, das ESG-Rating ihrer Immobilien positiv zu beeinflussen – von der Reduzierung von Emissionen und Wasserverbrauch über die Steigerung der Energieeffizienz bis hin zu nachhaltigen Lieferketten und optimierter Abfallwirtschaft.
Allerdings variiert die Gewichtung einzelner Maßnahmen je nach ESG-Bewertungsverfahren, was die Einordnung der Bedeutung dieser erschwert.
Was Sie in diesem Artikel erwartet
Im Folgenden analysieren wir am Beispiel der Installation einer Photovoltaikanlage welchen Einfluss diese auf das ESG-Scoring eines Gebäudes hat. Dazu erläutern wir die 12 ESG-Bewertungsindikatoren nach RICS und analysieren wie sich die Nutzung einer PV-Anlage konkret auf diese und somit die Verbesserung des ESG-Scorings auswirkt.
Die 12 ESG-Kernindikatoren nach RICS
Die Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS) hat in Zusammenarbeit mit einer Vielzahl an Gutachtern, Bewertungsdienstleistern und relevanten Verbänden eine Liste von 12 ESG-Kernindikatoren erarbeitet. Ziel dieser Indikatoren ist es, das Bewusstsein für ESG-Anforderungen zu verbessern und europaweit einen konsistenten und transparenten Ansatz für Bewertungen von Immobilien und Portfolios nach ESG-Kriterien zu schaffen (1). Gleichzeitig bieten diese eine fundierte Orientierung für Immobilienfonds, Projektentwickler und weitere Stakeholder.
Die 12 Bewertungsindikatoren im Überblick
Im Folgenden analysieren wir, welche der 12 RICS-Bewertungsindikatoren durch den Einsatz von Photovoltaik unmittelbar beeinflusst werden und wie sich dies auf das ESG-Scoring des Gebäudes auswirkt.
1) Energiebewertung – direkte Auswirkung
Auskunft über die Energiebewertung eines Objekts gibt der Energieausweis. Zentraler Bestandteil der Energiebewertung ist der sog. Primärenergiebedarf. Dabei handelt es sich um die gesamte Energiemenge, die zur Deckung des Endenergiebedarfs des Gebäudes benötigt wird, inklusive der Energie, die zur Gewinnung und Bereitstellung dieser Energie benötigt wird. Grundsätzlich gilt – je geringer der Primärenergiebedarf, desto besser.
Da netzbezogener Strom noch zu einem wesentlichen Teil mit fossilen Brennstoffen erzeugt wird, liegt dessen Primärenergiefaktor bei 1,8. Durch die gebäudenahe Erzeugung und die schnelle energetische Amortisation von PV-Anlagen, liegt der Primärenergiefaktor von Solarstrom bei 0,0 (2). Somit senkt die Nutzung von Solarenergie den Primärenergiebedarf entscheidend, was sich sowohl positiv auf die Energiebewertung als auch das ESG-Scoring auswirkt.
2) Energieverbrauch – direkte Auswirkung
Dieser Indikator betrachtet den Energieverbrauch und die Energieeffizienz des Gebäudes. Auch hier ist der Primärenergiebedarf ein zentraler Messfaktor. Ob der eigene Energieverbrauch niedrig oder hoch ist, lässt sich am besten durch den Vergleich mit anderen, lokalen Immobilien einordnen. Ein guter Weg, um Einsparpotentiale zu identifizieren ist die Durchführung eines Energieaudits.
Die Nutzung einer PV-Anlage senkt den Energieverbrauch als solchen zwar nicht, allerdings spielt auch hier der geringere Primärenergiebedarf des gebäudenah erzeugten Stroms eine entscheidende Rolle, da dieser in die Berechnung des Energieverbrauchs miteinfließt und diesen senkt.
3) Einsatz erneuerbarer Energien (on site) – direkte Auswirkung
Dieser Indikator bewertet die Nutzung erneuerbarer Energien vor Ort und ist einer der bedeutendsten Aspekte in unserer Analyse. Gemessen wird, wie viel Strom vor Ort in kWh pro m² und Jahr durch die PV-Anlage produziert wird und wie viel davon wiederum im Gebäude verbraucht, bzw. ins Netz eingespeist wird. Je höher der Vor-Ort-Verbrauchsgrad, desto besser.
4) Labels und Zertifikate – direkte Auswirkung
Verfügt das Gebäude über ein oder mehrere gültige Nachhaltigkeitszertifikate wie BREEAM, DGNB oder LEED, wirkt sich dies ebenfalls positiv auf das ESG-Scoring aus. Wesentliche Bewertungskriterien bei der Zertifizierung sind Aspekte wie CO2-Reduktion, Eigenstromversorgung und gebäudenahe Energieproduktion. Aufgrund des Einflusses einer PV-Anlage auf diese Bewertungskriterien lässt sich sagen, dass die Nutzung von Solarenergie einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt dieser Zertifikate leistet.
5) Treibhausgas-Emissionen – direkte Auswirkung
Die Gesamtmenge der verursachten Treibhaus-Emissionen spielen ebenfalls eine wichtige Rolle für den Energieausweis des Gebäudes. Hier bietet sich ein Vergleich des sog. Emissionsfaktors an, der die CO2-Emissionen je Kilowattstunde verbrauchten Stroms angibt. Für netzbezogenen Strom lag dieser laut Bundesumweltamt 2024 bei 380 g CO2-Äq. pro kWh (3). Bei handelsüblichen Standard-Modulen, den sog. monokristallinen Modulen, und einer Lebensdauer von 30 Jahren liegt der Emissionsfaktor einer Photovoltaikanlage zwischen 43 und 63 g CO2-Äq. pro kWh (4). Somit leistet die Photovoltaikanlage einen wesentlichen Beitrag zur Verringerung der Treibhaus-Emissionen.
Ein Beispiel aus der Praxis: Allein das Logistikgebäude „Green Box“ in Viernheim, das der Immobilienentwickler AVENTOS in Zusammenarbeit mit ENVIRIA mit einer PV-Anlage mit einem Jahresertrag von mehr als 1.281.500 kWh ausgestattet hat, vermeidet im Jahr den Ausstoß von ca. 602 Tonnen C02-Äquivalenten (5).
6) Emissions-Pfad Analysen – direkte Auswirkung
Die EU-Gebäuderichtlinie fordert die vollständige Dekarbonisierung des Gebäudesektors bis 2050 (6). Wann ein Gebäude dieses Ziel erreicht, kann mithilfe von Emissions-Pfad Analysen bestimmt werden. Im Gegensatz zur Momentaufnahme der Treibhausgas-Emissionen von Indikator 5) liefern diese eine langfristigere Planungsperspektive und berücksichtigen verschiedene Szenarien.
Für die Berechnung von Dekarbonisierungspfaden liefert der Carbon Risk Real Estate Monitor (CRREM) einen anerkannten Standard im Gebäudesektor (7). Gerade bei einem hohen Eigenverbrauch im Gebäude kann je nach CRREM Berechnungsmethode die CO2-Einsparung durch die Photovoltaik-Anlage vollständig angerechnet werden und so zu einer entscheidenden Absenkung des Pfads, hin zum Dekarbonisierungsziel, beitragen.
9) Mobilität – indirekte Auswirkung
Der Indikator Mobilität befasst sich mit der Ausstattung der Immobilie mit E-Ladeinfrastruktur und Fahrradstellplätzen. Im Hinblick auf die E-Ladeinfrastruktur wird dabei die Anzahl der Gesamtparkplätze ins Verhältnis zur Anzahl der vorhandenen Ladepunkte gesetzt. In Deutschland gibt das Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) zudem vor, wie viele Ladepunkte bei Neubau und Renovierung sowohl von Wohngebäuden als auch bei Nichtwohngebäuden vorhanden sein müssen. Hier kann Photovoltaik die ideale Basis schaffen, denn die Ladepunkte können direkt mit dem generierten Solarstrom versorgt werden.
Bei den folgenden Indikatoren kann keine direkte oder indirekte Auswirkung der Photovoltaik festgestellt werden:
7) Physikalische Klimarisiken - Maßnahmen zur Milderung der Auswirkungen von extremen Klimaereignissen wie Hitze und Überschwemmungen.
8) Standortmerkmale - Anbindung des Gebäudes an lokale Infrastruktur wie öffentlicher Nahverkehr und Versorgungsunternehmen.
10) Barrierefreiheit – Zugänglichkeit des Gebäudes für Personen mit Behinderung
11) Beziehung Vermieter & Mieter – Verhältnis zwischen Eigentümer und Mieter, Mieterprofile sowie Art der Mietverträge
12) Materialeinsatz – Menge und Nachhaltigkeit des für den Bau oder die Renovierung genutzten Materials
Fazit: Vielseitige Vorteile von Solar für Immobilienwirtschaft
Unsere Analyse zeigt, dass der Einsatz von Photovoltaik auf sieben der 12 Bewertungsindikatoren positive Auswirkungen hat. Neben den wirtschaftlichen Vorteilen, die eine PV-Anlage durch die Nutzung von günstigem, grünem Strom bietet, stellt sich heraus, dass Photovoltaik eine äußerst effiziente Methode ist, das ESG-Rating in mehreren Bereichen signifikant zu verbessern. Es empfiehlt sich daher gerade in der Immobilienbranche frühzeitig auf nachhaltige Lösungen wie Photovoltaik zu setzen – sowohl zur Absicherung für die Zukunft als auch um langfristig von wirtschaftlichen Vorteilen zu profitieren.
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Content Manager
Kristina Boschenriedter
Kristina Boschenriedter ist Content Managerin bei ENVIRIA und auf die Entwicklung von Inhalten im Bereich der erneuerbaren Energien spezialisiert. Ihr Ziel ist es, durch praxisnahe und informative Beiträge rund um die Energiewende Unternehmen den Einstieg in nachhaltige Energielösungen zu erleichtern. Ihre bisherigen Erfahrungen im B2B-Marketing verschiedener Branchen helfen ihr dabei, auf die spezifischen Anforderungen und Bedürfnisse von Unternehmen einzugehen.