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Über die Eigenverbrauchsoptimierung hinaus: Wie Unternehmen mit Batteriespeichern zusätzliche Erlöse erzielen

Kristina Boschenriedter

Content Manager

Veröffentlicht

Der Ausbau von Batteriespeichern macht aktuell große Fortschritte. Während viele Unternehmen Batteriespeicher bisher vor allem zur Eigenverbrauchsoptimierung, Lastspitzenkappung oder Beschaffungsoptimierung einsetzen, eröffnen sich mit sogenannten Front-of-the-Meter (FTM)-Speichern neue, bislang weniger genutzte Erlösmöglichkeiten. Diese Speicherlösungen ermöglichen eine direkte Teilnahme am Stromhandel und an der Regelenergievermarktung und damit zusätzliche Einnahmequellen jenseits der klassischen Energiekostensenkung.

Was Sie in diesem Artikel erwartet

Wir erklären zunächst den Begriff Front-of-the-Meter-Speicher und unterscheiden ihn vom klassischen Behind-the-Meter-Ansatz. Anschließend zeigen wir, welche Erlöspotentiale FTM-Speicher im Regelenergiemarkt und Arbitragehandel bieten und wie Unternehmen konkret davon profitieren können.

Speicherstrategien im Vergleich: BTM vs. FTM

In der wirtschaftlichen Nutzung von Batteriespeichern lassen sich grundsätzlich zwei Einsatztypen unterscheiden:

„Behind the Meter“ (BTM) Speicher sind direkt in den Verbrauch des Unternehmens integriert. Sie stehen „hinter“ dem Stromzähler. Sie werden in Kombination mit einer PV-Anlage für die Eigenverbrauchsoptimierung sowie für die Beschaffungsoptimierung am Spotmarkt und die Lastspitzenkappung zur Reduzierung der Netzentgelte eingesetzt.

Im Gegensatz dazu werden „Front of the Meter“ (FTM) Speicher außerhalb des direkten Verbrauchs eines Unternehmens installiert. Sie stehen konzeptionell bzw. bilanziell im Netz vor dem Stromzähler, also „vor“ dem Verbraucher. Sie werden in erster Linie für den Energiehandel oder die Bereitstellung von Netzdienstleistungen genutzt und an die Verteilungsnetze angeschlossen. Diese beiden Anwendungsfälle des Energiehandels und der Netzdienstleistungen schauen wir uns im Folgenden genauer an.

Bereitstellung von Regelleistung

Unternehmen können ihre Batteriespeicher gewinnbringend im Regelenergiemarkt einsetzen, indem sie ihre Speicherkapazität für das schnelle Einspeisen oder Aufnehmen von Ausgleichsenergie bereitstellen. Da erneuerbare Energien aus Wind und Sonne zwar einen immer größer werdenden Anteil am Stromnetz darstellen aber nicht zu jeder Tageszeit im gleichen Maße verfügbar sind, werden diese zusätzlichen Speicherkapazitäten zur Stabilisierung der Netzfrequenz und Versorgung genutzt.

Die Frequenz des europäischen Stromnetzes muss konstant bei 50 Hz liegen. Schon bereits kleinste Abweichungen um +/- 0,2 Hz können zu Instabilitäten führen. Im Gegenzug erhält der Betreiber des Batteriespeichers eine Vergütung durch den Netzbetreiber für das Bereitstellen der Kapazitäten.

Wie funktioniert die Teilnahme?

Bevor ein Speicher am Regelenergiemarkt teilnehmen kann, muss seine Anlage beim zuständigen Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) präqualifiziert werden. Dazu wird beim entsprechenden ÜNB (50Hertz, Amprion, TenneT oder TransnetBW) ein Antrag gestellt und ein Nachweis über die technischen Fähigkeiten des Batteriespeichers erbracht. Darunter fallen unter anderem Mess- und Kommunikationstechnik, Fernsteuerbarkeit und schnelle Reaktionszeiten. Nachdem eine Reihe von Tests im Live-Betrieb erfolgreich absolviert wurden, erhält der Betreiber eine Präqualifikationsbescheinigung.

Große Unternehmen mit eigener energiewirtschaftlicher Kompetenz können direkt an den Ausschreibungen der Regelleistungsplattform www.regelleistung.net teilnehmen. Hier gibt es regelmäßige Auktionen, bei denen die Unternehmen Gebote mit dem gewünschten Preis pro MW abgeben. Bei Erhalt des Zuschlags verpflichten sie sich zur Bereitstellung und ggf. Aktivierung der Leistung.

Für kleinere Unternehmen ohne eigene energiewirtschaftliche Kompetenz kann dieser Prozess durch einen sog. Aggregator übernommen werden. Der Aggregator bündelt mehrere kleine Anlagen zu einem virtuellen Kraftwerk und kümmert sich um die Prozesse für Präqualifikation, Marktteilnahme, Steuerung und Abrechnung. Im Gegenzug erhält das Unternehmen einen Anteil am Erlös.

Die Vergütung besteht dabei aus zwei Komponenten: zum einen dem Leistungspreis für die Bereitstellung der Kapazität (€ / MW / Zeitraum). Zum anderen einem Arbeitspreis (€ / MWh) für den Fall des tatsächlichen Arbeitseinsatzes, also Verbrauch oder Einspeisung der Energie.

Beispiel mögliche Erlöse:

Ein Unternehmen stellt 2 MW Primärregelleistung bereit. Gehandelt wird in 4 Stunden Zeitblöcken. Dafür erhält das Unternehmen einen Leistungspreis von 20 € / MW / Stunde. Wird pro Tag ein Zeitblock gewonnen, entspricht dies Tageseinnahmen von 160 € (20 € x 2 x 4). Aufs Jahr gerechnet ergeben sich so Einnahmen von ca. 58.400 €. Durch den Arbeitseinsatz kommen gelegentlich kleinere Zusatzbeträge hinzu.

Teilnahme am Energiehandel

Eine weitere Möglichkeit zur Erzielung von Erlösen bietet die Teilnahme am Energiehandel, insbesondere am Spotmarkt. Ähnlich wie der Aktienhandel basiert der sogenannte Arbitragehandel auf Preisschwankungen am Strommarkt: Strom wird bei niedrigen Preisen eingekauft und im Speicher zwischengespeichert - bei höheren Preisen wird er wieder ins Netz eingespeist und verkauft. Der Handel erfolgt über spezielle Marktplätze wie den European Power Exchange (EPEX Spot).

Wie funktioniert die Teilnahme?

Wie bei der Regelenergievermarktung können Unternehmen entweder direkt selbst am Handel mit einem eigenen Börsenzugang teilnehmen oder dies über einen Dienstleister, z. B. einen Aggregator oder Direktvermarkter, abbilden. Dieser beteiligt das Unternehmen dann an den erzielten Umsätzen.

Hierbei gibt es unterschiedliche Vertragsmodelle, die sich im Hinblick auf Risiko, Verantwortlichkeiten und Erlöspotential deutlich unterscheiden. Zwei gängige Beispiel sind das Fixpreis- und das marktbasierte Modell:

Fixpreis-Modell (Tolling): Der Direktvermarkter zahlt dem Betreiber der Batterie einen jährlich fixen Betrag pro MWh bereitgestellter Kapazität, unabhängig vom tatsächlichen Markterfolg. Für den Betreiber ist das Risiko minimal, denn es gibt kein Abwärtspotential bei geringem Erfolg des Handels. Dieses Risiko wird vollständig durch den Vermarkter getragen. Gleichzeitig werden Marktchancen aber auch weniger genutzt, da es für den Betreiber kein Aufwärtspotential bei Überperformance des Speichers gibt.

Marktbasiertes-Modell (Fully merchant): Bei diesem Modell werden die Erlöse zu festgelegten Teilen zwischen Betreiber und Vermarkter aufgeteilt, z. B. 90 % für den Betreiber und 10 % für den Vermarkter. Bei diesem Modell sind beide Parteien sind gleichermaßen Marktchancen und Risiken ausgesetzt.

Je nach Anbieter gibt es diverse Zwischenformen dieser Modelle mit Erlösuntergrenzen (Floor Prices) oder Deckelungen (Caps), die Risiken und Erlöschancen unterschiedlich gewichten.

Richtwert möglicher Erlöse:

Die Erlöse hängen stark von den jeweiligen Marktbedingungen, der Größe des Speichers und der gewählten Strategie ab. Pro MWh-Speicherkapazität können jährliche Umsätze zwischen 80.000 und 160.000 Euro erzielt werden.

Mehrfachnutzung ist möglich

Ein Batteriespeicher kann grundsätzlich sowohl für die Regelenergievermarktung als auch für den Energiehandel genutzt werden – dieses Modell wird als „Stacking“ bezeichnet. Dabei ist jedoch zu beachten, dass beide Anwendungen nicht im selben Zeitfenster parallel erfolgen dürfen. Die Umsetzung erfordert zudem eine sorgfältige Abstimmung technischer, organisatorischer und regulatorischer Anforderungen.

Fazit

Die Nutzung einer FTM-Batterie im Regelenergiemarkt und Energiehandel bietet eine attraktive Ergänzung oder Alternative zu klassischen BTM-Anwendungsfällen, die primär auf Kosteneinsparung abzielen. FTM-Systeme ermöglichen es, bisher ungenutzte Flächen zur Erzielung zusätzlicher Erlöse zu aktivieren. Ob eine Vermarktung im Regelenergiemarkt oder im Spotmarkt sinnvoller ist – und ob dies in Eigenregie oder über einen Aggregator bzw. Direktvermarkter erfolgt – hängt von verschiedenen Faktoren ab: etwa der eigenen Stromhandelskompetenz, der Risikobereitschaft, der technischen Flexibilität des Speichers sowie dem aktuellen Marktpotential.

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Content Manager

Kristina Boschenriedter

Kristina Boschenriedter ist Content Managerin bei ENVIRIA und auf die Entwicklung von Inhalten im Bereich der erneuerbaren Energien spezialisiert. Ihr Ziel ist es, durch praxisnahe und informative Beiträge rund um die Energiewende Unternehmen den Einstieg in nachhaltige Energielösungen zu erleichtern. Ihre bisherigen Erfahrungen im B2B-Marketing verschiedener Branchen helfen ihr dabei, auf die spezifischen Anforderungen und Bedürfnisse von Unternehmen einzugehen.

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